Pflege 2022: Das ändert sich ab Januar
Mit dem neuen Jahr kommen auch einige Veränderungen in der Pflege. Ab 01.01.2022 gibt es für verschiedene Pflegeleistungen mehr Geld sowie Erleichterungen. Die ursprünglich geplante, große Pflegereform 2022 wurde allerdings nicht auf den Weg gebracht. Stattdessen gab es kleine Verbesserungen in mehreren Bereichen der Pflege. pflege.de informiert Sie über die wesentlichen Inhalte der neuen Pflegereform und wie Sie diese für sich nutzen können.
Ziel des Bundesgesundheitsministeriums für 2022: Die Pflege zuhause soll finanziell besser ausgestattet werden. Aus diesem Grund gibt es ab dem 01.01.2022 eine Erhöhung der Pflegesachleistungen von fünf Prozent. In Geldbeträgen sieht das dann bei den jeweiligen Pflegegraden so aus:
Der Begriff des Neuen Begutachtungsassessment (NBA) hört sich erst einmal überwältigend an. Doch dahinter steckt nichts anderes als ein neues System der Begutachtung, das mit dem Pflegestärkungsgesetz II angewandt wird. Es wird weiterhin bewertet, inwiefern die Pflegebedürftigen in der Lage sind, ihren Alltag selbst zu gestalten. Generell soll die Selbstständigkeit das neue Kriterium bei der Einstufung sein, und zwar nicht mehr nur auf körperlicher Ebene, sondern auch in Bezug auf die geistige Verfassung.
Was neu ist: Die bisherige Zeitmessung wird verändert, außerdem treten neue Messmethoden an diese Stelle. Die minutengenaue Messung wird im Neuen Begutachtungsassessment (NBA) nun nur noch eine kleine Rolle spielen, sondern die Pflegebedürftigen werden ganzheitlich im Bezug auf ihre Selbstständigkeit bewertet. Dies geschieht mit Hilfe einer Punktevergabe. Auf einer Skala von 0 bis 100 wird dann eine Einteilung in eine der fünf Pflegegrade vorgenommen. Dies gilt natürlich nur für die neuen Fälle von Pflegebedürftigen.
Die Begutachtungskriterien im Überblick
Im Neuen Begutachtungsassessment (NBA) werden die folgenden sechs Bereiche begutachtet. Für jeden Pflegegrad gibt es in diesen sechs Bereichen Richtwerte, an denen sich die Begutachter bei der Bewertung richten können.
1) Hilfen bei Alltagsverrichtungen
Wie viel Zeit wird für die alltäglichen Verrichtungen aufgewendet?
2) Psychosoziale Unterstützung
Welcher Hilfebedarf besteht im Hinblick auf psychosoziale Unterstützung?
3) Nächtlicher Hilfebedarf
Wie viel Unterstützung ist während der Nacht nötig?
4) Präsenz am Tag
Über welche Zeitspanne kann der oder die Pflegebedürftige tagsüber alleine gelassen werden?
5) Unterstützung beim Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen
Wie viel Unterstützung ist im Bereich der krankheitsbedingten Anforderungen (z. B. bei der Medikamentengabe oder dem Verbandswechsel) notwendig?
6) Organisation der Hilfen
Wer übernimmt die Hilfeleistungen? Gibt es Angehörige, die die Pflege übernehmen, oder muss ein professioneller Pflegedienst in Anspruch genommen werden?
Natürlich gibt es weiterhin bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen. Doch diese richten sich nicht mehr nur nach dem Zeitaufwand für die Pflegemaßnahmen, sondern generell an der Selbstständigkeit der Betroffenen. Dennoch gibt es einige Anhaltspunkte, welche Voraussetzungen für welchen Pflegegrad vorliegen müssen. Die Einteilung in erfolgt, wie auch schon jetzt, durch einen unabhängigen Prüfer seitens der Krankenkassen. Mit dieser Aufgabe betraut ist derzeit der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK).
In dieser Tabelle bekommen Sie einen Überblick darüber, welche Voraussetzungen für welche Pflegegrade erfüllt werden müssen. Bitte beachten Sie, dass es sich dabei bisher lediglich um grobe Richtwerte handelt, die sich aufgrund einer ersten Analyse des Testverfahrens des Bundesministeriums zum neuen Pflegestärkungsgesetz ergeben haben.
Pflegegrad | Grundpflege | Psychosoziale Unterstützung | Nächtliche Hilfen | Präsenz tagsüber |
---|---|---|---|---|
Pflegegrad 1 | 27-60 Minuten | bis 1x täglich | nein | nein |
Pflegegrad 2 | 30-127 Minuten | bis 1x täglich | 0-1x | nein |
Pflegegrad 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz | 8-58 Minuten | 2-12x täglich | nein | weniger als 6 Stunden |
Pflegegrad 3 | 131-278 Minuten | 2-6x täglich | 0-2x | weniger als 6 Stunden |
Pflegegrad 3 mit eingeschränkter Alltagskompetenz | 8-74 Minuten | 6x täglich bis ständig | 0-2x | 6-12 Stunden |
Pflegegrad 4 | 184-300 Minuten | 2-6x täglich | 2-3x | 6-12 Stunden |
Pflegegrad 4 mit eingeschränkter Alltagskompetenz | 128-250 Minuten | 7x täglich bis ständig | 1-6x | rund um die Uhr |
Pflegegrad 5 mit eingeschränkter Alltagskompetenz | 24-279 Minuten | mind. 12x täglich | mind. 3x | rund um die Uhr |
Was sich beim Wechsel von Pflegestufen auf die Pflegegrade konkret ändert und was dann den entsprechenden Grad ausmacht, finden Sie im Nachfolgenden kurz aufgeführt. Grundsätzlich erfolgt die Einteilung mithilfe einer Skala mit (0-100 Punkte). Errechnet wird die Skala durch Punkte, die den einzelnen Faktoren der Einteilung zugeordnet werden. Die Faktoren finden Sie in der oben abgebildeten Tabelle.
Pflegegrad 1
Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (12,5–26,5 Punkte)
Der Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe der Pflegebedürftigkeit und kommt für Menschen in Frage, die die Grundbedingungen für die Pflegestufe 0 bislang nicht erfüllt hatten. Das heißt, dass mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz prinzipiell mehr Menschen als Pflegebedürftige gelten und somit die Chance auf eine Unterstützung seitens der Pflegeversicherung haben.
Ein allgemeiner Irrtum ist, dass Menschen, die unter Pflegestufe 0 gefallen sind, nun in den Grad 1 eingeteilt werden. Wie oben schon verdeutlicht, befinden sich Menschen der Pflegestufe 0 ab 2017 im Grad 2.
Pflegegrad 2
Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (27 – 47 Punkte)
Der Pflegegrad 2 entspricht der Pflegestufe 0 und der Pflegestufe 1 ohne eingeschränkte Alltagskompetenz. Im Unterschied zu den Pflegestufen wird man dem Pflegegrad 2 bereits mit einem geringeren Zeitaufwand an Pflege zugeordnet, was ein Entgegenkommen gegenüber den Pflegebedürftigen ist. Es wird, genau wie in allen folgenden Pflegegraden, jedoch noch einmal zwischen Pflegebedürftigen mit und ohne eingeschränkter Alltagskompetenz unterschieden, was sich auch auf die Pflegeleistungen auswirkt.
Pflegegrad 3
Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (47,5 – 69,5 Punkte)
Dem Pflegegrad 3 entsprechen die noch bis Ende 2016 gültigen Pflegestufen 1 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und 2 (ohne eingeschränkte Alltagskompetenz). Konsequenz ist, dass Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, die bislang unter die erste Pflegestufe gezählt wurden, nun von höheren Pflegeleistungen nutznießen können.
Pflegegrad 4
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (70 – 89,5 Punkte)
Menschen, die Pflegeleitungen der Pflegestufe 2 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und 3 in Anspruch genommen hatten, werden nun dem Pflegegrad 4 zugeteilt. Wiederum bedeutet dies eine höhere Einstufung von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz.
Pflegegrad 5
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (ab 90 Punkte)
Der Pflegegrad 5 ist der höchste Pflegegrad. Diesem Grad werden Menschen zugeordnet, die zuvor der Pflegestufe 3 entsprachen beziehungsweise unter die Definition „Härtefall“ gefallen sind. Mit diesem Begriff werden Menschen bezeichnet, die einen außergewöhnlich hohen Pflegeaufwand erfordern. In diesem Grad wird hinsichtlich der Pflegeleistungen kein Unterschied zwischen Menschen mit und ohne eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten gemacht.